RECHTSPRECHUNG

Fragen zu aktuellen Problemen beantwortet Ihnen gerne unser Justitiar, Rechtsanwalt Beigeordneter a.D. Dirk Karl Buttler, Herten, Tel.: 02366 952030.

Erste Hinweise zu aktuellen Problemfeldern finden Sie im folgenden:

Verfassungswidrigkeit des § 5 Absatz 3 Satz 1BeamtVG / Wartefrist zur Berechnung der Versorgungsbezüge

Das Bundesverfassungsgericht hat bekanntlich durch Beschluss des zweiten Senats vom 20. März 2007 – BvL 11/04 -entschieden, dass die Dreijahresfrist des § 5 Abs. 3 S.1 BeamtVG mit den Grundsätzen des Alimentationsprinzips des Art. 33 V GG nicht vereinbar ist. In der Vergangenheit waren Versorgungsbezüge seit jeher auf der Grundlage der Dienstbezüge des letzten Amtes festgesetzt worden. Die seit dem 01.01.1999 geltende Neuregelung einer Wartezeit sollte den Sparüberlegungen der öffentlichen Kassen ebenso zugute kommen wie auch dem Umstand „Gefälligkeitsbeförderungen“ kurz vor der Pensionierung vermeiden.

Wenngleich dieser Beschluss in erster Linie die laufbahngebundene Beamtenschaft betrifft, so ist gleichwohl zu klären, ob eine -von Gesetzes wegen gebotene – Höhergruppierung eines kommunalen Wahlbeamten überhaupt noch einer Mindestwartezeit unterliegt.

Denkbare Umstände, die eine Höhergruppierung auslösen könnten, sind nach der Eingruppierungsverordnung die Übernahme eines höherwertigen Amtes ( z.B. die allgemeine Vertretung des Hauptverwaltungsbeamten),höhere Einwohnerzahl oder auch die Höhergruppierung nach weiterer Amtsperiode.

Durch das Tatbestandsmerkmal „oder das keiner Laufbahn angehört“ wurden erstmalig auch die kommunalen Wahlbeamten von der Regelung des § 5 Abs.3 S.1 BeamtVG erfasst, da ihre Ämter keiner Laufbahn angehören.

Der vorgenannte Beschluss hat Gesetzeskraft ( §§ 31 Abs. 2 BVerfGG). Damit sind nach dem Wortlaut der Entscheidung sämtliche in S. 1 getroffenen Regelungen nichtig.

Der Verband vertritt die Auffassung, dass jedwede Mindestwartezeit nunmehr entfallen ist.

In anstehenden Fällen unterstützt der Verband die insoweit betroffene Kollegenschaft gegenüber den Versorgungskassen bzw. den kommunalen Versorgungsregelungs- und Festsetzungsbehörden.

 

Neues Urteil zur Abführungspflicht von Nebeneinkünften

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat mit Urteil vom 24.08.2007 ( AZ 26 K 1055/07) entschieden, dass ein hauptamtlicher Bürgermeister nicht verpflichtet ist, Einkünfte aus Vergütungen für die Teilnahme an Sitzungen des Regionalbeirates der RWE Energy AG an den Dienstherrn – mithin die Stadt – abzuführen. Diese hatte ihren Bürgermeister durch Leistungsbescheid zur Abführung der Vergütungen aus solchen Nebentätigkeiten aufgefordert, da sie dazu zuvor durch Anweisung des Landrates aufgefordert worden war.

Die Klage des Wahlbeamten hatte bundesweites Aufsehen erregt. Die Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Rheinland – Pfalz vom Dezember 2002 ( siehe letzte Verbandsinformation) hatte bundesweit eine zunehmend restriktivere Gangart der Aufsichtsbehörden zum Nebentätigkeitsrecht sowie Abführungspflichten ausgelöst. Die einschlägigen Erlasse des NRW – Innenministeriums vom 25.02.2005 sowie vom 09.04.2003 führten zu weitreichenden Abführungspflichten nahezu jedweder Nebeneinkünfte.

Für die kommunalen Wahlbeamten ist äußerst bedeutungsvoll, dass mit o.g. Urteil nunmehr wieder völlig offen ist, ob überhaupt eine hinreichende gesetzliche Ermächtigungslage zur Abführung von Vergütungen besteht, soweit diese von nicht kommunal beherrschten Unternehmen gezahlt werden.

Die Düsseldorfer Kammer hat die Teilnahme des Bürgermeisters an den Beiratssitzungen nicht als die eines Amtsträgers gewertet, sondern „ als Person, die aufgrund ihrer beruflichen Erfahrung besondere Kenntnisse habe“. Die streitbefangene Tätigkeit des klagenden Bürgermeisters sei weder eine Nebentätigkeit im Rechtssinne, noch stehe sie einer solchen i.S. des § 3 Abs.2 NtV gleich.

Wenn der Gesetzgeber und auch das Innenministerium Anreize für lukrative Nebentätigkeiten bei großen Unternehmen kappen wollen, müsse dafür eine neue und eindeutige gesetzliche Regelung geschaffen werden.

Soeben war verbandsseitig zu erfahren, dass gegen das Urteil Nichtzulassungsbeschwerde seitens der beklagten Stadt eingelegt worden ist, da das Verwaltungsgericht die Berufung nicht zugelassen hat.

Ob dies aus kommunalpolitischem Anlass der Stadt oder durch Intervention der Vertreters des öffentlichen Interesses erfolgt ist, wird der Verband nunmehr klären.

Die derzeitige Situation ist jedenfalls völlig unbefriedigend. Viele Kolleginnen und Kollegen haben bereits vor dem Hintergrund der bisherigen Rechtsauffassung des Ministeriums abgeführt und sahen sich oftmals auch einer öffentlichen (Neid-) Diskussion ausgesetzt.

 

Aktueller Stand zur Kostendämpfungspauschale (31.03.2008)
Bundesverwaltungsgericht: Kostendämpfungspauschale in NRW ist rechtmässig

Das Bundesverwaltungsgericht hat in drei Urteilen vom 20.03.2008 entschieden, dass die Kostendämpfungspauschale des § 12a Beihilfenverordnung – auch in der seit dem Jahr 2003 geltenden Höhe – mit dem verfassungsgemäßen Grundsatz der Fürsorgepflicht des Dienstherrn vereinbar ist. In dem entschiedenen Revisionsverfahren ging es um die Wirksamkeit einer Regelung der nordrheinwestfälischen Beihilfeverordnung, die eine nach Besoldungsgruppen gestaffelte jährliche Eigenbeteiligung zwischen 150 € und 750 € vorsieht (Kostendämpfungspauschale). Im Gegensatz zu den Vorinstanzen hat der 2. Revisionssenat des Bundesverwaltungsgerichts die Klagen von Beamten abgewiesen, die auf Zahlung von Beihilfe für Krankheitskosten ohne Abzug der Kostendämpfungspauschale gerichtet waren. Zwar ist der Dienstherr verpflichtet, den angemessenen Lebensunterhalt seiner Beamten und deren Familien auch im Krankheitsfall sicherzustellen. Hierzu dient gegenwärtig ein Mischsystem aus Eigenvorsorge, d.h. dem Abschluss einer aus der Besoldung finanzierten Krankenversicherung, und ergänzender Kostendeckung aus staatlichen Mitteln (Beihilfen). Allerdings können die Beamten nicht darauf vertrauen, dass ihnen diejenigen Krankheitskosten, die nicht durch die Leistungen einer beihilfekonformen Krankenversicherung gedeckt werden, stets ohne Abstriche im Wege der Beihilfe erstattet werden. Aus der Fürsorgepflicht folgen keine Ansprüche auf vollständige Kostendeckung. Sie verlangt lediglich, dass Beamte im Krankheitsfall nicht mit erheblichen Aufwendungen belastet bleiben, die sie weder aus der Besoldung bestreiten noch durch zumutbare Eigenvorsorge absichern können. Pauschalierte Eigenbeteiligungen an den Krankheitskosten wirken sich als Besoldungskürzungen aus. Daher können sie Anlass geben zu prüfen, ob das Nettoeinkommen der Beamten noch das Niveau aufweist, das der verfassungsrechtliche Grundsatz der Gewährleistung eines angemessenen Lebensunterhaltes fordert. Nach diesem Grundsatz muss der Gesetzgeber dafür Sorge tragen, dass die Beamtenbesoldung nicht von der allgemeinen Einkommensentwicklung abgekoppelt wird, d.h. deutlich hinter dieser Entwicklung zurückbleibt. Genügt das Nettoeinkommen der Beamten eines Bundeslandes diesen verfassungsrechtlich vorgegebenen Anforderungen nicht mehr, so muss der Gesetzgeber diesen Zustand beenden. Dabei sind ihm keine bestimmten Maßnahmen vorgegeben. So kann er die Dienstbezüge erhöhen, aber auch die Kostendämpfungspauschale streichen oder die Absenkung der jährlichen Sonderzuwendung rückgängig machen. Aufgrund dieses Gestaltungsspielraums kann das Einkommensniveau der Beamten nicht im Rahmen von Klagen auf höhere Beihilfe überprüft werden. Vielmehr sind sie darauf verwiesen, Klagen auf Feststellung zu erheben, dass sich bei Anwendung der besoldungsrechtlich relevanten Gesetze in ihrer Gesamtheit ein verfassungswidrig zu niedriges Nettoeinkommen ergibt.

BVerwG 2 C 49.07, 2 C 52.07, 2 C 63.07 – Urteile vom 20. März 2008